Das Lernen im Klassenzimmer hat seine Grenzen – dies erfuhren die Schüler:innen der Jahrgangsstufe 10 des Emsland-Gymnasiums im Rahmen des Geschichtsunterrichtes auf ihrer Gedenkstättenfahrt zur Wewelsburg bzw. zu dem Konzentrationslager Niederhagen bei Paderborn. Die ursprünglich im 12. Jahrhundert erbaute Burg wurde zur Zeit des Nationalsozialismus unter Leitung der Schutzstaffel (SS) zu einem Tagungszentrum umgebaut. Die Arbeiten wurden aufgrund des Krieges aber 1943 eingestellt – heute wird die Burg als Jugendherberge genutzt.

Neben der Burganlage wurde in der dreistündigen Führung auch die Geschichte des dort befindlichen Arbeits- und Konzentrationslagers Niederhagen/Wewelsburg thematisiert. Mindestens 1.229 Menschen starben vor Ort infolge der Arbeits- und Haftbedingungen sowie Misshandlungen und Willkür durch die SS-Wachmannschaften. Diese von den engagierten Museumspädagogen vorgetragenen Umstände des Lagerlebens führten den Schüler:innen die Brutalität und die Grausamkeiten dieser Epoche eindrücklich vor Augen. Hier wurde deutlich, wo die Grenzen eines Geschichtsunterrichtes im Klassenzimmer liegen und wie wichtig die Fahrt zum historischen Lernort für das historische Lernen ist.

In den Ausstellungsräumen konnten die Schüler:innen neben vielen Informationstafeln auch eine Originalfassade einer Lagerbarracke,
originale Uniformen oder zeitgenössische Zeitungsartikel erkunden. Anhand von aufgezeichneten Interviews konnten sie die Erinnerungen ehemaliger Häftlinge anhören. Ausstellungsstücke wie getragene Lagerkleidung oder Geschichten über Einzelschicksale wie das des 15-jährigen jüdischen Jungen, der nach einem Schneeballwurf auf ein deutsches Mädchen auf dem Lagergelände hingerichtet wurde, hinterließen bei den Schüler:innen ein beklemmendes Gefühl.

Nach dem Besuch der Ausstellungsräume erkundeten die Schüler:innen schließlich den Nordturm; hier befindet sich der ehemalige „Gruppenführersaal“ und die darunter liegende „Gruft“; Herrschaftsarchitektur in Reinform. In einer esoterisch anmutenden Atmosphäre hatte die SS hier die Durchführung von Zeremonien für ihre Elite geplant. Letztlich aufgrund der nicht mehr erfolgten Fertigstellung ungenutzt – entwickelten sich diese Räume nach dem Krieg zu einem Wallfahrtsort für rechtsradikale Kreise. Die in den Marmorboden des „Gruppenführersaals“ eingelassene „schwarze Sonne“ ist auch heute noch ein Erkennungssymbol unter Rechtsextremist:innen. Hier schlug die Führung einen Bogen zur Gegenwart; durch bewusste Platzierung von Sitzsäcken beispielsweise versuchten die Organisatoren der Ausstellung, der „schwarzen Sonne“ ihre zentrale Rolle innerhalb dieses Raumes zu nehmen.

Insgesamt wurde den Schüler:innen bei diesem Ausflug deutlich vorgeführt, wie wichtig eine Auseinandersetzung mit dem Thema für eine wehrhafte Demokratie heutzutage ist.